
Nutze die Kälte zum Abnehmen
Auch wenn die Temperaturen im Winter regelmäßig unter den Gefrierpunkt fallen, merken wir davon wenig, da sich unser Leben größtenteils in Innenräumen abspielt. Dort drehen wir die Heizung hoch, trinken warme Getränke und tragen gemütliche Hausschuhe. Und wenn wir doch hinausmüssen, schützt uns ein komfortables Winteroutfit vor der Kälte. Doch das war nicht immer so …
Im Kampf gegen Übergewicht hört man seit Jahren den einfachen Ratschlag „weniger essen, mehr bewegen“. Doch wirklich erfolgreich ist das nicht, denn die Adipositas-Epidemie breitet sich weiter aus. Eine logische Frage lautet daher: Stimmt dieser Rat überhaupt oder fehlen entscheidende Faktoren?
Natürlich ist klar, dass ungesunde Ernährung nicht beim Abnehmen hilft, aber die Kalorie als Maßeinheit ist eigentlich unlogisch. Kalorienzählen funktioniert langfristig für die meisten Menschen nicht – nach 3–5 Jahren sind viele wieder am Ausgangspunkt.
Die Kalorien, die der Körper verbrennt, sind nicht dieselben, die er aufnimmt, und die Wissenschaft hinter Energiebilanz und Gewichtsverlust ist deutlich komplexer als „Energie rein = Energie raus“. Es zeigt sich außerdem, dass traditionelle Jäger und Sammler sich täglich ungefähr genauso viel bewegen wie wir. Unser heutiger täglicher Energieverbrauch entspricht zudem dem anderer wild lebender Säugetiere. Es ist also klar, dass die derzeitigen Empfehlungen alles andere als vollständig sind, sonst wären die Ergebnisse wohl entsprechend besser.
Wir kennen weder Kälte noch Hunger
Wenn man einen Blick in die Natur wirft, kommt man schnell zu neuen Erkenntnissen, die bestehende blinde Flecken füllen können. Beim Beobachten fällt rasch auf, dass der moderne Mensch sich als Säugetier in seinem Verhalten unterscheidet. Wilde Tiere treiben keinen Sport, um überschüssige Energie zu verbrennen, sie sind an die saisonale Verfügbarkeit von Nahrung gebunden und der Kälte ausgesetzt. Im Verlauf unserer rund sieben Millionen Jahre langen Evolution hat die Kälte unseren Körper beeinflusst und geformt. Es sind Gene und physiologische Anpassungen entstanden, die beim Überleben des Winters helfen, da wir von zwei saisonalen Herausforderungen geprägt waren: weniger Nahrung und mäßiger Kältestress. Diese Gene und Anpassungen beeinflussen unter anderem die Körperzusammensetzung, müssen jedoch erst „aktiviert“ werden. Es könnte also sein, dass der Mangel an Winter unser eigentliches Problem ist.
Wenn wir diese Zeitleiste der Evolution in eine Strecke umrechnen würden, dann würden nur die letzten 2,28 cm von 1,6 km den Zeitraum darstellen, in dem wir beide saisonalen Herausforderungen überwunden haben. Es scheint, dass ständige Wärme und ein dauerhafter Zustand der Überernährung dem Menschen und seinen Haustieren nicht guttun.
Braunes Fettgewebe (BAT) ist ein besonderes Fett
Die Wiedereinführung von (mäßigem) Kältestress in den Alltag, gegebenenfalls in Kombination mit einer angepassten, saisonalen Ernährung, ist daher ein wirksames Mittel. Nicht nur im Kampf gegen Übergewicht, sondern auch als allgemeine Gesundheitsmaßnahme. Der Niederländer Wim Hof hat Letzteres vor nicht allzu langer Zeit in Zusammenarbeit mit der Radboud-Universität in Nijmegen bewiesen. Wissenschaftliche Forschung zur Wirkung von Kälte auf unseren Körper findet jedoch bereits seit Jahrzehnten statt, und die Effekte sind pleiotrop.
Auch jetzt zeigt Mutter Natur wieder, dass Biologie niemals einfach ist. In diesem Artikel konzentrieren wir uns daher ausschließlich auf den Aspekt des Übergewichts in Zusammenhang mit Kälte.
Ein großer Teil der Auswirkungen von Kälte auf die Körperzusammensetzung hängt mit der Stimulierung der Bildung einer besonderen Art von (braunem) Fett zusammen, nämlich des braunen Fettgewebes (BAT). Das Interesse an diesem speziellen Fettgewebe nimmt stark zu, da es ein wichtiges Mittel im Kampf gegen Übergewicht und andere Stoffwechselstörungen ist.
Braunes Fett ist so besonders, weil es im Vergleich zu normalem weißem Fett eine enorme Menge an Mitochondrien enthält. Dadurch verbrennt es große Mengen Energie, um den Körper warm zu halten. Dieser Prozess wird Thermogenese genannt. Es ist sogar so effektiv, dass kleine Babys darauf angewiesen sind, um warm zu bleiben, und Tiere mit viel braunem Fett scheinen gar nicht anfällig für Übergewicht zu sein. Auch bei erwachsenen Menschen hat man festgestellt, dass sie dieses kalorienverbrennende braune Fett besitzen.
Im Gegensatz zum „schlechten“ weißen Fett, das viele im Fitnessstudio loswerden wollen, steckt braunes Fett voller Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle. Durch die hohe Zahl dieser Mitochondrien ist es braun gefärbt. Menschen mit mehr braunem Fett sind schlanker und haben niedrigere Blutzuckerspiegel.
Der stärkste physiologische Reiz für die Aktivierung von braunem Fett
Bis vor nicht allzu langer Zeit dachte man übrigens anders darüber, man ging nämlich davon aus, dass braunes Fett bei Erwachsenen nicht mehr vorhanden sei. Heute wissen wir, dass nur übergewichtige Erwachsene kein oder weniger aktives braunes Fett haben.
Da Energie nicht aus dem Nichts entsteht, braucht auch braunes Fett eine Energiequelle, um Wärme zu erzeugen. Im Körper ist die naheliegendste Quelle das weiße Fett an Bauch und Oberschenkeln. Braunes Fett wirkt also wie ein innerer Ofen, der gespeichertes Fett verbrennt.
Wie setze ich es um?
Die Temperaturen müssen nicht extrem niedrig sein, um von Kältestress zu profitieren. Die Dauer ist jedoch länger als eine Sporteinheit, was praktisch kein Problem sein sollte. Studien zeigen, dass die Vorteile bereits bei 15–15,5 °C nach 2–6 Stunden eintreten. Auch Schlafen in einem kühlen Raum von 18,8 °C oder weniger hat denselben Effekt.
Je öfter, desto besser. Für Liebhaber sind folgende Methoden ebenfalls sehr effektiv und belebend:
- Kalte Duschen
- Kalt baden oder schwimmen
- Autofahren mit offenen Fenstern ohne Jacke
- Lokale Kühlung mit Eispackungen (nicht direkt auf die Haut legen!)
- Die Heizung um ein paar Grad senken
Anmerkung
Mit diesem Artikel wollen wir weder die gesundheitsfördernden Effekte von Sport noch die Bedeutung einer kalorienreduzierten Ernährung schmälern. Ebenso wollen wir nicht andeuten, dass Veränderungen in Ernährung und Bewegung nicht zu Gewichtsverlust führen können. Ziel ist es, eine fehlende Komponente hervorzuheben und den Leser zum Nachdenken über die Komplexität von Gewichtsverlust und Energiebilanz anzuregen.

