
Vitamin D3 – Was du darüber wissen solltest
Als Menschen neigen wir oft zur Kurzsichtigkeit. Wir vergessen die Komplexität des Lebens und der Natur und konzentrieren uns auf nur eine einzige Lösung. Oft ist das die einfachste Option, und wenn etwas gut für uns ist, dann gilt, dass mehr davon besser ist. Aber trifft das auch auf Vitamin D3 zu?
Leider ist auch die Einnahme von Vitamin D3 zum Opfer dieser typisch menschlichen Denkweise geworden. Vitamin D3 scheint das wohl universellste Nahrungsergänzungsmittel der Welt zu sein. Jeder, von älteren Menschen über Sportler bis hin zu Neugeborenen, soll Vitamin D3 nehmen.
Unserer Meinung nach ist Vitamin D3 ein wertvolles Supplement, doch sind extrem hohe Dosierungen wirklich sinnvoll? Werden alle Details ausreichend berücksichtigt, oder übersehen wir erneut die eigentliche Komplexität?
Ein interessanter Unterschied: Vitamin D3-Sulfat und Vitamin D3
Wenn die Haut ultravioletter Strahlung der Sonne, insbesondere UVB, ausgesetzt wird, produziert der Körper Vitamin D3-Sulfat (Cholecalciferol-Sulfat). Entgegen der weit verbreiteten Annahme handelt es sich dabei nicht um dieselbe Form wie das Vitamin D3 (Cholecalciferol) aus Nahrungsergänzungsmitteln, denn dieses ist nicht sulfatiert.
Dies ist eine sehr wichtige Unterscheidung, die man in Artikeln über Vitamin D3 normalerweise nicht findet. Man wirft Vitamin-D3-Supplementierung und Sonnenexposition gerne in einen Topf. Populäre Begriffe wie „Sonnenvitamin“ oder „Sonnenlicht im Glas“ sind die Folge. Das ist nicht ganz korrekt, weil die Gesundheitseffekte von Vitamin D3 aus Sonnenlicht nicht eins zu eins auf Vitamin-D3-Supplemente übertragbar sind.
Der Unterschied zwischen beiden Vitamin-D3-Formen liegt unter anderem darin, dass Vitamin D3-Sulfat wasserlöslich ist, „normales“ Vitamin D3 jedoch nicht. Dadurch hat Vitamin D3-Sulfat im Körper eine größere Reichweite.
Neben den biochemischen Eigenschaften unterscheidet sich auch die biochemische Wirkung. So beeinflusst Vitamin D3-Sulfat den Calciumtransport nicht, während Vitamin D3 dies tut. Es scheint vielmehr die sulfatiere Form von Vitamin D3 zu sein, die unter anderem für Effekte auf Immunsystem, Stimmung und Herz-Kreislauf-System verantwortlich ist. Auch das Sulfatmolekül selbst spielt hierbei eine wichtige Rolle, nicht allein der D3-Anteil ist gut für dich.
Betrachtet man Gesundheit aus evolutionärer Perspektive, wird deutlich, dass der Mensch seit jeher Vitamin D3 durch die Sonne erhielt, ein wenig über die Nahrung, jedoch nicht durch eine konzentrierte und isolierte orale Aufnahme. Es ist daher logisch anzunehmen, dass es einen Unterschied gibt. In der Biologie geht es oft um Details, und Vitamin-D3-Supplemente sind also kein Ersatz für Sonnenlicht.
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Vitamin D3 Supplemente im Winter
Vor allem im Herbst und Winter werden großzügige Mengen Vitamin D3 eingenommen, da die Sonne dann nicht stark genug scheint, um über die Haut D3-Sulfat zu bilden. Gerade in diesen Zeiten sinken die D3-Spiegel im Körper langsam.
Naheliegend ist dann der Gedanke, die D3 Spiegel besonders aufzufüllen. Wie war es jedoch früher aus evolutionärer Sicht? Alle fettlöslichen Vitamine (A, D, E und K) können im Körper gespeichert werden. Bei Vitamin D geschieht dies im Fettgewebe und in der Leber.
Unsere Vorfahren hielten sich, anders als der moderne Mensch, im Frühling, Sommer und Herbst ausreichend im Freien auf, um gute Vitamin D3 Vorräte aufzubauen. Diese reichten aus, um den Winter zu überbrücken. Welche „normalen“ oder natürlichen Blutwerte im Winter gelten sollten, ist nicht ganz klar, aber eine saisonale Schwankung erscheint, wie zum Beispiel bei Cholesterin- und anderen Hormonspiegeln, sehr logisch.
| Wusstest du, dass Vitamin D3 eher einem Hormon als einem Vitamin ähnelt? Das gilt sowohl für die chemische Struktur als auch für die Funktionen im Körper. |
Wenn Vitamin D3 natürlicherweise im Sommer am höchsten ist, sollte es dann nicht im Winter am niedrigsten sein? Stören wir den Körper womöglich, wenn wir im Winter hohe Dosen nehmen? Eine Studie aus 2009 liefert hierfür einen wichtigen Hinweis. Die Schlussfolgerung lautet:
„The underlying mechanism for these metabolic abnormalities is that vitamin D is involved in the regulation of β-oxidation in WAT and directly suppresses the expression of UCP1 and UCP3 in BAT. These data unveil a novel aspect of vitamin D biology in regulation of energy metabolism.“
Mit anderen Worten, Vitamin D3 unterdrückt die Expression der Entkopplungsproteine UCP1 und UCP3 im braunen Fettgewebe. Entkopplungsproteine spielen eine Rolle bei der Regulation der Körpertemperatur, indem sie Energie zur Wärmeproduktion statt zur ATP Produktion nutzen. Das ist natürlich besonders im Winter sehr vorteilhaft, und genau das möchte man nicht unterdrücken.
Wenn das Sulfatmolekül, wie oben beschrieben, ebenfalls wichtige Gesundheitseffekte hat, die scheinbar fälschlich Vitamin D3 zugeschrieben werden, ist es im Winter wichtig, genügend Sulfite über die Ernährung aufzunehmen. Konzentriere dich nicht nur auf Vitamin D3, sondern iss reichlich Meeresprodukte, Eier, Zwiebeln und Knoblauch. MSM als Nahrungsergänzung ist ebenfalls eine gute Quelle.
Es scheint, dass wie bei ausreichendem Melatonin, Omega 3 Fettsäuren und Magnesium der Körper nur dann optimal funktioniert, wenn wir unsere evolutionäre Vergangenheit respektieren. Leider ist die heutige Welt so anders, dass wir kluge Entscheidungen und Anpassungen auf Basis des Gesamtbildes treffen müssen.
Aktives Vitamin D3
Bevor Vitamin D3 aus Nahrungsergänzungen vom Körper genutzt werden kann, muss es in Leber und Nieren zur „aktiven“ Form Calcitriol umgewandelt werden. Während dieser Umwandlung ist Magnesium ein essenzieller Co-Faktor. Fehlt Magnesium, ist die Bildung der aktiven Vitamin-D3-Form physiologisch nicht möglich.
Steigen die Blutwerte des aktiven Vitamin D3 nicht an, ist „mehr nehmen“ nicht immer die Lösung. Prüfe zunächst Magnesium. Steigen die Werte auch nach einer Periode mit Magnesium Supplementierung nicht, achte auf die Wasserzufuhr. Magnesium ist hydrophil und benötigt ausreichend Wasser, um zu wirken.
Da die molekulare Struktur von Vitamin D3 der von Calcitriol, der „aktiven Form“, sehr ähnlich ist, kann auch Vitamin D3 an den Vitamin-D3-Rezeptor binden und dadurch die Wirkung des aktiven Vitamin D3 blockieren. Das willkürliche Einnehmen höherer Dosierungen ist daher erneut nicht ratsam, auch wenn die Toxizität von Vitamin D3 gering ist.
Lebertran ist doch auch ein Vitamin D3 Supplement?
Die ideale Art, Vitamin D3 zu erhalten, ist die direkte Sonnenexposition. Daneben ist hochwertiger Lebertran oder der Verzehr D3-reicher Lebensmittel eine weitere gute und natürliche Möglichkeit. In vollwertigen Nahrungsquellen steht Vitamin D3 im Verhältnis zu anderen Nährstoffen, was das natürliche Gleichgewicht gewährleistet.
Isolierte Vitamin D3 Präparate für den allgemeinen Gebrauch mit einer vernünftigen Dosierung bis zu 1000 IE sind nachweislich wirksam, jedoch weniger „natürlich“. Für spezifische Indikationen oder individuelle Situationen kann abhängig vom persönlichen Kontext eine abweichende Dosierung gewählt werden. Hier gilt, Messen heißt wissen. Außerdem sollte das „Optimalste“ nicht zum Feind deiner Gesundheit werden.

