
Der Mozart-Effekt, ein Biohack für weniger Schmerzen
Musik ist eine der ältesten Therapieformen und wird seit Anbeginn der Menschheit genutzt, um Körper und Geist positiv zu beeinflussen. Die Kraft der Musik auf das mentale und physische Befinden wurde bereits im alten Griechenland beschrieben. Pythagoras war zum Beispiel fasziniert davon, dass Menschen gleichklingende Töne als angenehm empfanden. Er fand heraus, dass harmonische Musik beruhigend wirkt und Mängel von Körper, Geist und Seele ausgleicht.
Als Mathematiker glaubte er stark an die mathematische Natur der Musik und ihren Einfluss auf den Menschen als Ganzes. Er beobachtete, dass unterschiedliche Harmonien verschiedene Emotionen auslösen können, und nannte dies „medizinische Musik“.
Ergänzend dazu lagen die Auffassungen von Plato und Aristoteles über die Kraft der Musik auf einer Linie mit denen des Pythagoras. In ihren Werken erkennen sie die besonderen Wirkungen der Musik klar an. „Rhythm and harmony find their way into the inward places of the soul“ ist ein aussagekräftiges Zitat aus Platons Schriften.
Obwohl die therapeutischen und leistungssteigernden Effekte der Musik bereits seit Jahrtausenden mit der menschlichen Entwicklung einhergehen, hat die Wissenschaft erst vor Kurzem herausgefunden, warum das so ist.
Neurowissenschaftler entdeckten vor nicht allzu langer Zeit, dass das Hören von Musik verschiedene Wirkungen im Körper und im Gehirn hat. Dies ist auch als „Mozart-Effekt“ bekannt. Aufgrund der breiten neurologischen Reichweite sowie der historischen Nutzung in traditioneller Medizin und kulturellen Ritualen untersuchen Wissenschaftler die gesundheitlichen Anwendungen von Musik immer genauer.
Musikalische Stimulation kann die physiologische Biochemie und körperliche Reaktionen modulieren. So hat das Hören von Musik unter anderem einen positiven Effekt auf kardiologische, immunologische und neurologische Parameter.
Komplementär statt alternativ
Komplementäre und alternative Therapien sind eine Gruppe unterschiedlicher medizinischer Systeme, Praktiken und Produkte, die nicht als Teil der konventionellen Gesundheitsversorgung gelten, da sie die Standards klinischer Wirksamkeit nicht erfüllen.
Alternative Therapien sind biologisch invasiv und kostspielig, während komplementäre Therapien nicht-invasiv und kostengünstig sind. Zu den komplementären Therapien zählen z. B. Massage, Akupunktur, Fitness und Achtsamkeitstechniken, zu denen auch Musik und Meditation gehören.
Musik und Schmerzen
Unter den vielen Vorteilen der Musiktherapie sticht die schmerzlindernde Wirkung hervor. Besonders, weil Schmerz ein komplexes Phänomen ist und seinen Einfluss auf das tägliche Leben sehr groß ist. Musiktherapie bietet eine einfache Intervention für diese schwere Last und kann das Leben auf physischer, psychologischer, sozialer und emotionaler Ebene positiv beeinflussen.
Da es keine Nebenwirkungen gibt und eine Überdosierung nicht möglich ist, ist dies ein Biohack, der strukturell und langfristig angewendet werden kann.
Wie funktioniert das?
Die Wirkung der Musiktherapie beruht nicht nur auf der Stimulation von Belohnungszentren, der Ausschüttung von Neurotransmittern wie Dopamin oder der Zunahme von Enkephalinen und Endorphinen über das limbische System. Das Musikhören ist im Gehirn sehr weitreichend und beeinflusst nahezu jeden Bereich. Dadurch sind die Effekte ebenfalls breit gefächert.
Die „Mind-Body“-Verbindung, die neuronale Funktion, Neuropeptidsysteme, das autonome Immunsystem, die Opioidsysteme, die Aufmerksamkeitssteuerung und das Hormonsystem werden alle durch Klänge beeinflusst.
Kurz gesagt nutzt Musik viele derselben Systeme und biochemischen Wege im Gehirn wie Schmerz. Die Konzentration auf Musik stimuliert den Geist und löst emotionale Reaktionen aus, die mit der Schmerzbiochemie konkurrieren. Dadurch nimmt die Stärke des Schmerzsignals ab und der Körper verarbeitet die Reize weniger stark.
Bei weitem nicht alle Effekte der Musik sind im Detail kartiert, doch ist klar, dass es sich um eine komplexe Interaktion verschiedener körpereigener Systeme handelt. Eine Studie aus dem Jahr 2014 zeigt zudem, dass die Wirkung der Musiktherapie kein Placeboeffekt ist. Die Forschenden schlussfolgerten, dass Musik ein robustes Analgetikum ist und die Wirkung nicht durch Erwartungseffekte erklärt werden kann.
Zusammengefasst
Die Hinweise darauf, dass das Hören von Musik nach persönlicher Vorliebe oder das Musizieren als komplementäre Therapie beiträgt, sind recht stark. Musiktherapie wird und kann daher erfolgreich bei verschiedenen Indikationen eingesetzt werden.
Aufgrund des breiten therapeutischen Potenzials und der einfachen Anwendbarkeit kann Musiktherapie zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Musik wirkt sowohl bei akuten als auch bei chronischen Schmerzen und kann als eigenständige oder kombinierte Therapie genutzt werden.
Es gibt keine „beste“ Musikrichtung. Am wichtigsten ist, dass die Musik zur persönlichen Vorliebe und zum vertrauten Stil passt. Dadurch fällt es leichter, kognitiv und emotional in Rhythmen und Melodien aufzugehen. Selbstexperimente sind möglich, doch steht selbstverständlich auch die Konsultation einer ausgebildeten Musiktherapeutin bzw. eines Musiktherapeuten offen.

