Warum wirken Nahrungsergänzungsmittel nicht immer so, wie Sie es erwarten? Das ist eine gute Frage, die sich nicht nur Experten, sondern sicherlich auch Sie gefragt haben. Wie kann es sein, dass die Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels eindeutig einen positiven Einfluss auf die eine Person hat, während die andere keinen Unterschied bemerkt?  Viele Faktoren, wie zum Beispiel biochemische Unterschiede zwischen Menschen, tragen hierzu bei.

Wir sind einzigartig – innerlich und äußerlich

Biochemische Individualität ist ein Konzept, das davon ausgeht, dass der Ernährungszustand und die chemische Zusammensetzung eines jeden Menschen so einzigartig ist wie ein Fingerabdruck.

Wir wissen, dass jede Person einer anderen Ernährung bedarf. Denken Sie zum Beispiel an Lebensmittelallergien: Die Erdnussbutter, die den einen mit gesunden Fetten versorgt, ist für den anderen tödlich. Oder daran, wie sich die eine Person besser fühlt, nachdem sie vegan gegessen hat, während bei der anderen karnivore Ernährung Wunder bewirkt (und alle Nuancen dazwischen).

Das gilt natürlich nicht nur für die individuellen Ernährungsbedürfnisse, sondern auch für die Wirkung von Nahrungsergänzungsmitteln. 1956 beschrieb Dr. Roger J. Williams dieses Phänomen erstmals in seinem Buch "Biochemische Individualität - Der Schlüssel zum Verständnis dessen, was Ihre Gesundheit formt". Obwohl das Buch vor langer Zeit geschrieben wurde, ist es auch heute noch relevant für die Suche der körpereigenen Balance.

In seinem Buch beschreibt Dr. Williams unter anderem, dass selbst eineiige Zwillinge biochemisch nicht identisch sind und dass die scheinbar kleinen Unterschiede in der Organgröße allein schon für einen unterschiedlichen Ernährungsbedarf jedes Individuums sorgen.

Mehrere Pfade, mehrere Endpunkte

Genauso wie Entdecker neue Pfade finden und aufzeichnen, zeichnen medizinische Wissenschaftler biochemische Pfade auf. Mit Bezug auf den menschlichen Körper werden diese Pfade Reaktionsketten genannt: die Schritte eines biochemischen Prozesses, die auf molekularer Ebene ablaufen. Bei jedem Schritt einer Reaktionskette werden molekulare Verbindungen geschmiedet oder unterbrochen. Die Reaktionsketten aller bekannten exogenen und endogenen Substanzen werden aufgezeichnet.

Manche Reaktionsketten bestehen aus einfachen Pfaden von A nach B, andere verfügen über gegabelte Pfade mit mehreren Endpunkten. Vergleichen Sie es mit einem Mautstraßensystem, bei dem sich Enzyme in den Mautstellen befinden und den weiteren Weg (und den endgültigen Endpunkt) der Reaktionskette für eine Substanz bestimmen. Wenn Sie in diesem Fall ein Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, kann es mehreren Reaktionsketten im Körper folgen: Jeder Weg hat seinen eigenen Endpunkt, und jeder Endpunkt bestimmt die Wirkung des eingenommenen Nahrungsergänzungsmittels.

Genetik und Epigenetik

Denken Sie zum Beispiel an die Aminosäure Tryptophan. Tryptophan ist eine Vorstufe von Vitamin B3, Melatonin, 5-HTP und Serotonin. Je nachdem, welches Enzym an einer Reaktionskette beteiligt ist, wird Tryptophan in eine dieser Substanzen umgewandelt. Dies optimal ausführen zu können, ist das Ergebnis der Interaktion zwischen Ihrer genetischen Prädisposition (Genetik) und Ihrer Umwelt (Epigenetik). Damit ist der genetische Zustand der Enzyme in Ihren Zellen gemeint, aber auch der Zustand des Körpers. Dies wird zum Beispiel durch die Luftqualität und Ihre Ernährung beeinflusst.

Nehmen Sie das Zepter in die Hand

Wenn die Umwandlung nicht völlig reibungslos und die dadurch Reaktionskette suboptimal verläuft, ist dies nicht nur ineffizient oder unwirksam, sondern auch potenziell schädlich, weil auf dem Weg der Reaktionskette unerwünschte Nebenprodukte entstehen können. Glücklicherweise können Sie Ihre Zellen dabei unterstützen, den gewünschten Reaktionsketten zu folgen! Die Verbesserung des aktuellen Zustands Ihres Körpers trägt nämlich zu diesen Prozessen bei. Hierbei spielt auch die Kombination von Co-Faktoren und Nahrungsergänzungsmitteln, die Sie zusätzlich zu Ihrer Nahrung einnehmen, eine wichtige Rolle.

Biorhythmus und Ihr metabolisches Mindset

Ein Beispiel für Co-Faktoren sind Nicht-Protein-Biochemikalien wie Vitamine und Mineralien. Sie aktivieren Aminosäuren wie Tryptophan, um so eine bestimmte Reaktionskette zu speichern. Vitamine und Mineralien sind auch die Bausteine für Coenzyme, die für enzymatische Reaktionen benötigt werden. Jede Aminosäure benötigt einen Co-Faktor, um eine biochemische Reaktion auszulösen. Im Falle von Tryptophan sorgt dafür unter anderem Vitamin B6.

Die unfreiwilligen biochemischen Prozesse in Ihrem Körper bestimmen die Funktionsweise Ihres Stoffwechsels allerdings nicht alleine! Auch Ihr Mindset ist hierbei von großem Einfluss. Denken Sie zum Beispiel an die negativen Auswirkungen von Stress auf Ihr gesamtes Funktionieren und Wohlbefinden. Stress ist nur eines von vielen Beispielen, das uns zeigt, dass wir außerhalb unseres derzeitigen Rahmens denken müssen, wie die folgenden wissenschaftlichen Befunde belegen:

  • In einem Forschungsprojekt verabreichte man zwei Gruppen Diabetes-Typ-2 Patienten ein zuckerhaltiges Getränk, von dem man annahm, dass es den Glukosespiegel im Blut ausreichend erhöhen sollte. Trotz identischem Inhalt des Getränks, unterschieden sich die Inhaltsangaben in beiden Gruppen. Die Gruppe, die glaubte, mehr Zucker in ihrem Getränk zu haben, wies im Anschluss einen Glukose-Spitzenwert in ihrem Blut auf, während das nicht der Fall war in der Gruppe, die die korrekte Inhaltsangabe auf ihrem Etikett hatte.
  • Eine andere Studie über die Beziehung zwischen Kognition und Stoffwechsel zeigte, dass die Probanden, die überzeugt waren, kalorienarmes Essen verabreicht zu bekommen, auch tatsächlich Gewicht verloren, während Sie in Wirklichkeit gar nicht kalorienarm aßen.
  • Der Glaube, dass die Gefahr auf Grippeinfektionen im Winter am größten ist, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass grippeähnliche Symptome im Winter tatsächlich bemerkt werden.

Neben der Kombination von Nahrungsergänzungsmitteln mit den richtigen Kofaktoren sind die Ernährung (Ernährungszustand) und vor allem der Biorhythmus sehr wichtig, weil dadurch der Zusammenhalt in allen Körperprozessen geschaffen wird. Bewegung und ausreichend Ruhe/Schlaf für Körper und Geist sind neben der oben erwähnten Nährstoffdichte essenziell. Natürlich gibt es noch viele andere wichtige Aspekte wie z.B. die Darmflora: Je besser Ihr Darm arbeitet, desto besser können die Nährstoffe aufgenommen werden. Darum ist es wichtig, dass Sie dafür sorgen, dass ein breites Spektrum an Nährstoffen biologisch verfügbar ist, sodass Ihr Körper mit seinem Brennstoff möglichst optimal funktionieren kann. Der Trick scheint also zu sein, für jede Karosserie den richtigen Kraftstoff in der richtigen Menge zu verwenden!

Zu viel des Guten

Das A-und-O bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln ist es, die richtige Menge zu sich zu nehmen. Obwohl Nahrungsergänzungsmittel oft als unschuldig betrachtet werden, ist das nicht immer wahr: Weniger ist manchmal mehr!

Resveratrol ist beispielsweise ein Nahrungsergänzungsmittel, das momentan an Popularität gewinnt. Viele wissen dabei allerdings nicht von der hormetischen Wirkung von Resveratrol. Hormesis bedeutet, dass bestimmte Substanzen in Ihrem Körper einen Stressreiz auslösen, von dem Sie profitieren, wenn Sie sich anschließend erholen und dadurch gestärkt werden (wie z.B. Krafttraining oder Fasten). Resveratrol verfügt über eine doppelte Form der Hormese: Je nach Dosierung kann die Wirkung positiv oder negativ für den Körper sein. Umgekehrt kann auch die so genannte Biophasenreaktion des Körpers ausgelöst werden: Eine bestimmte Dosis kann einen biochemischen Prozess negativ beeinflussen, gleichzeitig aber auch einen positiven Einfluss auf einen anderen haben. Im Falle einer Reihe von Nährstoffen (insbesondere der Phytochemikalien), die in bestimmten Dosen negative Auswirkungen zur Folge haben können, ist es wichtig die richtige Dosis zu finden, um stattdessen eine positive Wirkung zu erzielen.

Selbst beim Verzehr von Lebensmitteln, die von Natur aus bestimmte vorteilhafte Nährstoffe enthalten, ist es gut, sich für einen Moment zu überlegen, welche Menge man einnehmen muss, um eine vorteilhafte Wirkung der spezifischen Nährstoffe zu erzielen und sich ausgewogen zu ernähren. Sie könnten Resveratrol beispielsweise über Rotwein zu sich nehmen, müssten dafür aber täglich so viele Flaschen Rotwein trinken, dass der hohe Blutalkoholwert die positiven Wirkungen des Resveratrol aufheben würde. Es gilt wie immer die goldene Mitte zu finden!

Möglichst natürlich ernähren

Obwohl sich die individuellen Ernährungsbedürfnisse auf Basis biochemischer Unterschiede unterscheiden, kann generell davon ausgegangen werden, dass neben ausreichender Bewegung und Schlaf die Aufnahme möglichst vieler Co-Faktoren und Co-Enzyme über die Nahrung eine wichtige Rolle spielt. Nehmen Sie täglich Eiweiß, Ballaststoffe, Vitamine und Mineralien aus möglichst natürlichen Quellen zu sich, sodass Ihr Körper eine optimale Kombination von Aminosäuren und Co-Faktoren herstellen kann. Und was Sie in Ihrer Ernährung nicht mehr unterbringen, können Sie natürlich auch in Form von wohldosierten Nahrungsergänzungsmitteln zu sich nehmen.

Auch bei der Wahl des geeigneten Nahrungsergänzungspräparats gilt: Entscheiden Sie sich im Zweifelsfall immer für ein Präparat möglichst natürlichen Ursprungs.